der Disziplin, des Selbsts und der Macht schreibt der Philosoph und Gesellschaftswissenschaftler Heinz Steinert im links netz.

Was uns als Flexibilisierung angetragen wird, ist tatsächlich ein enormer Schub an Normierung und Standardisierung unter dem verschärften Druck von Konkurrenz und den zugehörigen Ängsten, die bewältigt werden, indem wir andere in der Hoffnung ausschließen (lassen), dass wir dadurch selbst diesem Schicksal entgehen. Wir müssen uns zusätzlich die Normierung selbst antun und unsere Standardisierung selbst managen – nicht ohne Beratung, versteht sich, von der wir umstellt sind und von der wir gewöhnlich die Normen erst vermittelt bekommen, denen wir mit ihrer Hilfe gerecht werden sollen.

Der „zuverlässige Mensch der Wissensgesellschaft“ hat sich weit von der Unternehmer- und der Arbeiter-Disziplin der industriellen Produktion, von dem entfernt, was ursprünglich „Disziplin“ hieß. Er ist zuverlässig höchstens sich selbst gegenüber in seiner Bereitschaft, sich mit allen Wechselfällen des Lebens zu arrangieren (und die jeweils passende Beratung zu nutzen), in seinem unverdrossenen Willen, alle verlangten Rollen zu spielen und hohe Virtuosität dafür aufzubringen, die Widersprüche auszuhalten und seine eigene „Balance“ zwischen ihnen geschickt zu managen. Seine Zuverlässigkeit ist eine Selbstdisziplin zweiter oder dritter Ordnung.
H. Steinert: Neue Flexibilität, neue Normierungen:
Der zuverlässige Mensch der Wissensgesellschaft

Ein, wie ich finde, gelungener und kritischer Artikel über die Entwicklung der Selbstdisziplin, von deren instutionalisierten Beginn in Klöstern, bis hin zur Transformation zum neoliberalen Selbstmanagement.

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Ostracised meinte am 22. Jun, 09:57:
Interessanter Artikel. Was mich stutzig macht, ist die Verwendung des Neoliberalismus-Begriffs. Ich glaube der gehört nicht hierher, und Steinert behauptet den Zusammenhang einfach (z.B. dass die Verwaltung im Neoliberalisms sogar wächst - ich vermute das ist unrichtig). Könnte es sein, dass die Veränderungen, die wir erleben, einfach ein Anpassungsprozess an die zunehmend immateriellen Wirtschaftsabläufe sind? Effizienz am Fließband läßt sich noch durch Kontrolle der Körper erzielen, aber Effizienz in einem kreativen Beruf läßt sich eben nur über eine Disziplinierung des Geistes erreichen (früher, wie Steinert sagt, beschränkt auf die Elite - jetzt zunehmend eine Anforderung an die Mittelschicht). Vielleicht eine notwendige Entwicklung, aber auch eine mit dem Potenzial fürchterlicher Unfreiheit. Die Kluft zwischen Anpassung und Verweigerung würde demnach immer größer? 
Lia antwortete am 23. Jun, 13:42:
Hm...
Was macht dich den an der Begriffsverwendung stutzig?

Die Kluft zwischen Anpassung und Verweigerung würde demnach immer größer? Da bin ich mir nicht so sicher, ich vermute, dass Verweigerung kaum noch möglich ist. Spannend ist die Frage, wie Verweigerung überhaupt aussieht!? 
 

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