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Rezension: Georg Auernheimer (Hg.) (2008): Interkulturelle Kompetenz und pädagogische Professionalität. 2. aktualisierte und erweiterte Auflage. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden, 262 Seiten, ISBN: 978-3-531-15821-1 24,90€..

Das Sammelwerk von Georg Auernheimer dient einer kritischen Bilanzierung des bisherigen theoretischen und konzeptionell-praktischen Diskurses um das Thema „interkulturelle Kompetenz“. Gleichzeitig wird damit das Ziel anvisiert, vor dem Hintergrund des Diskurses das Konzept der interkulturellen Kompetenz für die pädagogische Praxis fruchtbar zu machen.

Der Sammelband gliedert sich in drei Teile. Im ersten Teil wird der Diskurs um interkulturelle Kompetenz problematisiert. Zum Beispiel stellt hier Paul Mecheril das Konzept einer interkulturellen Kompetenz als Sonderkonzept für Pädagogen, die der Mehrheit einer Gesellschaft angehören, in Frage und plädiert für eine „Kompetemzlosigkeitskompetenz“. Dieses Konzept verweist auf die Herausforderung „dass keine ‘einfachen’, rezeptologisch erfassbaren professionellen Handlungszusammenhänge vorhanden sind: Professionelles Handeln ist darauf angewiesen, in ein grundlegendes reflexives Verhältnis zu dem eigenen professionellen Handeln, seinen Bedingungen und Konsequenzen treten zu können“ (S. 25). Mecheril spricht sich dementsprechend für eine reflexive Auseinandersetzung mit dem Begriff der Kultur aus. So geht es nicht um eine Art Kontrolle des richtigen Gebrauchs unterschiedlicher interkultureller Kommunikationsstrukturen, sondern eher um eine pädagogisch reflexive Haltung.

Georg Auernheimers Beitrag widmet sich Betrachtung der Konzepte interkultureller Kommunikation, die im Diskurs als besonders störanfällig beschrieben wird. Ausgehend von einem Rückblick auf die Forschungsgeschichte interkultureller Kommunikation entwickelt Auernheimer fünf Thesen, die u.a. deutlich machen, dass Kommunikationsstörungen nicht nur bei interkultureller Kommunikation entstehen, sondern unabhängig von diesem Hintergrund aufgrund von unterschiedlichen Erwartungshaltungen der Interaktionspartner zustande kommen. Aufbauend auf diesen Thesen entwickelt Auernheimer ein heuristisches Modell zur Interpretation von Kommunikationssituationen, dass vier Dimensionen beinhaltet (Machtasymmetrien, Kollektiverfahrungen, Fremdbilder und differente Kulturmuster oder Scripts).

Im zweiten Teil des Bandes stehen spezifische pädagogische Arbeitsfelder wie Sozial- oder Schulpädagogik im Mittelpunkt. Im Beitrag von Leenen, Groß und Grosch werden die Vorbehalte gegen die Beschwörung einer interkulturellen Kompetenz in der Sozialpädagogik beschrieben, um diese dann dezidiert zu bearbeiten. Die Autoren sprechen sich für ein dynamischen Kulturmodell aus, indem Kultur nicht als klar abgrenzbarer und statischer Bereich verstanden wird, sondern das Interkulturalität aus dem Blickwinkel der handelnden (und Kultur produzierenden) Subjekte betrachtet (vgl. S. 106). Interkulturelle Kompetenz wird von den Autoren verstanden als „Bündel von Fähigkeiten, die einen produktiven Umgang mit der Komplexität kultureller Überschneidungssituationen erlauben“ (S. 110). Dieser Umgang ist nicht nur für das individuelle pädagogische Personal von Bedeutung, sondern gerade auch für die Organisationen im sozialpädagogischen Feld.

Der dritte Teil des Bandes stellt die Frage nach der Ausbildung einer interkulturellen Kompetenz in der Lehrerbildung in den Mittelpunkt. Der Beitrag von Andrea Lanfranchi fragt nach einer kurzen Einführung in die Thematik danach, was erfolgreiche Lehrpersonen in multikulturellen Schulen auszeichnet und bezieht sich dabei auf die aktuelle Forschungsliteratur. Anschließend beschreibt sie die aus ihrer eigenen Forschung entwickelten fünf Lehrertypen im Umgang mit Diversität. Ein Typ sticht dabei besonders hervor, da dieser mit vorhandener Diversität nach professionellen Standards kompetent handeln kann (vgl. S. 243). Dieser Typus zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass hier die handlungsleitenden schulischen Normen im Hinblick auf interkulturelle Kommunikation kontinuierlich reflektiert werden und im Konfliktfall die Problemlösungen fallbezogen erfolgen. Ausgehend von dieser empirischen Untersuchung entwickelt Lanfranchi ein Curriculum für interkulturelle Kompetenzem in pädagogischen Praxisfeldern, das in die thematischen Bereiche Differenz, Kommunikation und Antirassismus, Didaktik, Integration und Schulerfolg, Mehrsprachigkeit, Elternkooperation und Übergang ins Berufsleben gegliedert ist.

Der Sammelband von Auernheimer ist vor allem deshalb lesens- und empfehlenswert, da die kritische Dekonstruktion des Diskurses im ersten Teil eine konstruktive und produktive Auseinandersetzung mit reflexiven interkulturellern Konzepten anregt. In allen Beiträgen wird besonders deutlich, wie zentral die Fähigkeit zu Reflexion und Abstraktion für professionelles pädagogisches Handeln ist.

Einigermaßen überrascht war ich, als ich vor einigen Tagen erfahren habe, dass das Stadtjugendamt in Gießen, bei dem ich mich vor 3 Jahren auf einen Aushilfsjob beworben hatte, bei meinen Eltern anrief, um Bescheid zu geben, dass sie mir nun die Bewerbungsunterlagen zurückschicken werden.
Auf dem Anschreiben, dass mir das Jugendamt zugesendet hatte stand:
Zu unserer eigenen Entlastung senden wir Ihnen heute Ihre Bewerbungsunterlagen zurück.
Wie jetzt? Inwiefern stellen denn drei zwei Jahre alte Zettel eine Belastung dar? Und überhaubt? Die Belastung des Jugendamtes liegt für mich nun eher darin begründet, dass es den zuständigen Mitarbeiter/innen noch nicht einmal peinlich erscheint, Bewerbungsunterlagen nach drei Jahren in dieser Form zurück zu schicken. Bürokratie at its finest.

Kürzlich hatte ich aufgrund von "nicht genauem nach den Zügen schauen" einen längeren Aufenthalt auf einem bös kleinen Bahnhof. Glücklicherweise setzte sich Herr Tiedemann, dessen Namen ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wußte, neben mich. Auch das gücklicherweise war mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht bewusst. So empfand ich zunächst den Impuls zu gehen, denn Herr Tiedemann hatte einen spürbaren Eigengeruch und kaum noch Zähne und ich dachte mir: oh nee, auf olle Saufgeschichten haste jetzt echt kein Bock.

Ich blieb aber sitzen. Und das war gut so, denn Herr Tiedemann erzählte mir etwa 1 Stunde lang seine Lebensgeschichte, bzw. Teile davon. So erzählte er mir von seiner Zeit in der Fremdenlegion, von seiner Zeit in Afrika und im Libanon, von seinem Großvater und dessen Verhältnis zu Zigeunern, von seiner Kindheit in den Barracken und und und. Besonders gut gefiehl mir die Geschichte, dass er einmal völlig betrunken in den Kölner Dom zur Messe gegangen sei, und dort als der "Pfarrer mal still war" seine Mundharmonika ausgepackt hat und Spiel mir das Lied vom Tod zum besten gegeben habe. Danach sei er von drei Männern hochkantig rausgeschmissen worden.

Ich fand die Geschichten herrlich, auch wenn mir die fehle Konsistenz und die deutlichen Widersprüche in seinen Erzählungen durchaus auffielen. Kurz bevor der Zug eintraf, meinte Herr Tiedemann noch, dass er schon hier und da etwas geflunkert und dazugedichtet habe, den Fantasie sei sehr wichtig. Da stimmte ich im voll und ganz zu.

Im Nachhinein erinnerte mich die Begegnung mit Herrn Tiedemann sehr an den hervoragenden Film Big Fish, der eben genau diese fantasivolle Anreicherung der eigenen Lebensgeschichte inn den Blick nimmt.

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Werner Helsper, Susann Busse, Merle Hummrich, Rolf-Torsten Kramer (Hg.) (2008): Pädagogische Professionalität in Organisation. Neue Verhältnisbestimmungen am Beispiel der Schule, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden, 279 Seiten, ISBN 978-3-531-14860-1, 29,90€.

In dem Sammelband, der auf eine Fachtagung zum Thema zurückgeht, wird aus verschiedenen theoretischen Perspektiven die Frage nach dem Verhältnis von Organisation und Profession am Beispiel der Schule in den Blick genommen. Dazu werden in einem einführenden Beitrag durch die Herausgebenden zunächst die langjährigen Diskussionen um dieses Verhältnis nachgezeichnet, in welchen auch die Frage impliziert wird, wie eine pädagogische Organisation aussehen könnte. Hier wird im historischen Verlauf der Diskussion ein Schwanken zwischen der Orientierung an Max Webers Bürokratiemodell und der Orientierung an Karl Weicks Modell der lose gekoppelten Systeme deutlich. Anschließend führen die Herausgebenden in die Gliederung des Sammelbandes und in die einzelnen Beiträge verschiedener Autorinnen und Autoren ein.

Im ersten Teil des Bandes stehen systematische und historische Perspektiven im Vordergrund. So nimmt Hartmut Wenzel Ewald Tenorths Argumentation von 1986 zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen. Tenorth ging schon damals von der Eigenständigkeit pädagogischer Organisationen mit unverwechselbaren Subkulturen aus. Wenzel zeichnet nun in seinen Beitrag dies unter Bezugnahme auf die neuren Diskussionen nach. Bernd Zymek befasst sich in seinem Beitrag mit dem Bologna-Prozess und beschreibt anhand dieser Entwicklung die Tektonik des deutschen Bildungssystems und den sich aus der Bolognareform ergebenen Strukturwandel für die Lehrerbildung.

Sozialwissenschaftliche Ansätze zum Verhältnis von Profession und Organisation werden im zweiten Teil in den Blick genommen. Aus einer strukturtheoretischen Perspektive reflektiert Ulrich Oevermann das Verhältnis von Krise und Routine (vgl. S. 57) vor dem Kontext pädagogischer Professionalität. Diese sei Schulen allerdings aufgrund der Schulpflicht nicht etabliert. Aus einer wissensoziologischen Perspektive gehen Michaela Pfadenhauer und Achim Broziewskie davon aus, dass Professionen vor allem als Lösungsverwaltungen zu verstehen seien. „Professionelle lassen sich demnach als Akteure verstehen, die Probleme, mit den sie sich auseinandersetzen, so zu definieren vermögen, dass diese eben möglichst weitgehend den Lösungen entsprechen, über die sie (je professionell) verfügen“ (S.82).

Der dritte Teil beschäftigt sich mit dem Verhältnis von Kommunikation und Entscheidung. Hier analysiert zum Beispiel Harm Kuper den aktuell auf Schulen einwirkenden Veränderungsdruck aus einer systemtheoretischen Perspektive. Zunächst werden die Kommunikations- und Entscheidungsprozesse in einer „bürokratischen Schule“ in den Blick genommen um anschließend die potentielle Veränderung dieser Prozesse in einer „autonomen Schule (S. 155) zu reflektieren.

Im vierten Teil werden die Konsequenzen für die Anforderungen von Schulentwicklung und Lehrerprofessionalität reflektiert. Wolfgang Böttcher beschäftigt sich beispielsweise mit der Einführung von Bildungsstandards und deren Auswirkungen auf Outputqualität und Lehrerprofessionalität. Er kommt zu dem Schluss, dass klare starke Standards durchaus positive Einflüsse auf Organisation und Professionalität von Schule und Lehrenden haben könnten, dass allerdings die gesetzten Standards zu diffus und schwach seien und damit eine Professionalisierung eher behindern als fördern.

Im fünften und letzten Teil steht das Verhältnis von organisatorischen Machbarkeitsvisionen und professionellen Ungewissheiten im Vordergrund. Mit der Frage, wie Berufseinsteiger in Österreich in das System Schule integriert werden, beschäftigt sich Angelika Paseka anhand einer empirischen Studie. Es wird deutlich, dass die „Junglehrer“ nach ihrem Studium in ein ganz neues Lernfeld eintreten, dass sich vor allem durch (implizite) machtstrategische Auseinandersetzungen mit dem alteingesessenen und etablierten Kollegium in der Schule auszeichnet.

Der Sammelband bietet einen guten Überblick das Thema Organisation und Professionalität in der Schule und besticht vor allem durch die in den Beiträgen vertretenen unterschiedlichen theoretischen Perspektiven, die einen multidimensionalen Einstieg in das Thema ermöglichen.

Gestern bin ich sehr angeregt vom zbbs Workshop an der Uni Magdeburg wiedergekommen.
Dieser Methodenworkshop besteht seit über 10 Jahr und jährlich wächst die Zahl der Teilnehmenden.
Das Besondere an diesem Workshop ist, dass hier nicht Forschungsergebnisse vorgestellt, sondern vielmehr der Forschungsprozess selbst offen gelegt wird. Dazu wird in unterschiedlichen Workshops gearbeitet in denen das Datenmaterial der aktiven Teilnehmerinnen und Teilnehmer diskutiert wird. Die Arbeitsgruppen werden jeweils von erfahrenen Forschenden geleitet.

Ich war dieses Jahr zum ersten Mal als Aktive mit dabei und war in einem kleinen Workshop mit einer optimalen Arbeitsgröße und mit zwei hervorragenden und kompetenten Leiterinnen, Karin Bock und Ingrid Miethe. Andere Workshops waren zum Teil sehr groß, wie zum Beispiel die von Ralf Bohnsack oder Fritz Schütze, hier erhielten die Workshops eher den Charakter von Seminarsituationen.
Insgesamt ist der zbbs Workshop unbedingt zu empfehlen, da man nicht nur inhaltlich angeregt wird, sondern auch viele Gleichgesinnte mit ähnlichen Forschungsproblemen und Fragen trifft und die Möglichkeit hat, viele bekannte empirisch forschende Erziehungswissenschaftlerinnen live zu erleben.

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Achim Volkers (2008): Wissen und Bildung bei Foucault, Aufklärung zwischen Wissenschaft und ethisch-ästhetischen Bildungsprozessen, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden, 157 Seiten, ISBN: 978-3-531-15484-8, 24,90 €

Achim Volkers verfolgt in seiner Monographie die Frage nach dem Verhältnis zwischen Foucaults Subjektphilosophie und den darin implizierten Vorstellungen von Wissen auf der einen und Bildung auf der anderen Seite. So ist das Buch in drei entsprechende Teile untergliedert.

Zunächst widmet sich Volkers Foucaults Subjektphilosophie. Er reflektiert diesen Subjektbegriff vor verschiedenen Hintergründen. Zunächst beschäftigt er sich mit der Frage nach den Wechselwirkungen von Macht und Subjekt. Im Anschluss daran reflektiert er Foucaults Subjekttheorie im Kontext einer sich auf Nietzsche beziehenden Moralphilosophie. In den letzten Abschnitten setzt sich der Autor mit Anthropologie und Humanismus auf der einen und Aufklärung auf der anderen Seite auseinander. Er beschäftigt sich hier mit Foucaults Kritik an einer humanistischen Denktradition und darüber hinaus spielt im Kontext der Aufklärung die Frage „Was ist Kritik?“ selbst eine Rolle.

Im zweiten Teil der Arbeit geht Volkers auf professionelles Wissen ein und bezieht dabei sowohl Foucaults Machtanalytische als auch Diskursanalytische Perspektiven mit ein. Nach einer kurzen Einführung in Foucaults Machtanalytik, die er vor einem sozialpädagogischen Hintergrund interpretiert, beschreibt der Autor Macht als Führung und nimmt damit Bezug auf einen gouvernementalitätsanalytischen Ansatz. Im Anschluss daran bezieht sich Volkers auf das Feld der Erziehungswissenschaft und setzt sich hier besonders mit dem Theorie Praxis Verhältnis auseinander.

Der dritte Teil der Arbeit ist dem Konzept der Selbstsorge gewidmet. Volkers setzt sich hier zum Ziel, Foucault Subjektphilosophie als Bildungsphilosophie zu interpretieren. Nach einer ausführlichen und kritischen Rekonstruktion des hellenistischen Selbstsorgekonzepts reflektiert er Foucaults Äußerungen vor dem Kontext von ethisch-ästhetischen Bildungsprozessen.

Der Aufbau des Buches ist an manchen Stellen etwas verwirrend, da Überschriften nicht immer mit inhaltlichen Absätzen übereinstimmen. Der Autor stellt Foucaults Arbeiten stellenweise nebeneinander und interpretiert chronologisch frühere Schriften als Irrwege „(…) nachdem sich seine frühere Machtanalytik, die als Mikrophysik der Macht“ bekannt geworden ist, als Sackgasse erwiesen hatte“ (S. 67). Das Zusammenspiel zwischen souveränen, juridischen, disziplinarischen und gouvernmentalen Machtpraktiken, die Foucault gerade in den Vorlesungen zur Geschichte der Gouvernementalität herausarbeitet, wird nicht in Betracht gezogen. So bleibt die Interpretation von Foucaults machtanalytischer Perspektive hinter den Ausführung im aktuellen wissenschaftlichen Diskurs zurück.

Julia Franz

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Rezension: Hermann Forneck, Mathilde Gyger, Christiane Maier Reinhard (Hg.) (2006): Selbstlernarchitekturen und Lehrerbildung. Zur inneren Modernisierung von Lehrerbildung, 341 Seiten, EURO 29.00, hep Verlag, Bern, ISBN 978-3-03905-233-2

In diesem Sammelband beschäftigen sich verschiedene Autorinnen mit hochschuldidaktischen Fragen der Lehrerbildung. Alle Beiträge sind vor dem Hintergrund des Entwicklungs- und Forschungsprojekte „@rs Architekturen des Selbstlernens“ der Pädagogischen Hochschule der Nordwestschweiz entstanden.

Im ersten Teil gibt Hermann Forneck, der sich schon lange mit der Gestaltung von Selbstlernarchitekturen auseinandersetzt (vgl. den Giessener Weiterbildungsstudiengang QINEB), eine Einführung in die Thematik aus einer modernisierungstheoretischen Perspektive. Er beschreibt Lernen auch als gesellschaftliche Reproduktionspraktik und wählt damit einen anspruchsvollen Zugang, der es möglichen macht, Lern- und Ausbildungsprozesse auch im Kontext gesellschaftlicher Machtpraktiken zu analysieren und zu interpretieren.

Der zweite Teil beschäftigt sich mit der konkreten Ausgestaltung der Selbstlernarchitekturen in der Lehrerinnenbildung in der Nordwestschweiz. Hier führt Forneck wieder in die Thematik ein, allerdings diesmal unter der Perspektive seines an Michel Foucault orientierten Konzept des Selbstsorgenden Lernens. Im Mittelpunkt des Konzeptes steht die Bewusstwerdung und Reflexivität des eigenen Lernens, die durch verschiedene Lernpraktiken initiiert werden sollen. Anschließend stellt Forneck die zentralen Steuerungselemente der Selbstlernarchitektur vor und leitet somit zu den praktisch orientierten Beiträgen über.
So beschreibt beispielsweise zunächst Christiane Maier Reinhard das @rs Projekt vor dem Hintergrund der flexiblen Ausbildung von Primarlehrkräften in der Schweiz. Nach dieser Einführung in das Projekt folgen anschauliche Beschreibungen der Steuerungsinstrumente der Selbstlernarchitektur, wie einer Eingangsinszenierung (Felix Bertschin/Christiane Maier Reinhard), oder der Lernberatung (Barbara Ryter Krebs). Die inhaltliche Ausgestaltung wird von Victor Müller-Opplinger in den Blick genommen. So beschreibt er die Architekturen zu den Themen „Individualisierung“ und „Neue Lernkulturen“.

Die Beiträge des dritten Teils beschreiben nun sehr anschaulich die sieben verschiedenen Abteilungen der Selbstlernarchitektur. Beispielsweise beschreibt Mathilde Geiger die Operationalisierung des Faches Deutsch oder Ernst Röthlisberger die des Faches Mathematik. Alle Beiträge haben hier einen ähnlichen Aufbau, der wiederum das Verständnis für die Struktur der einzelnen Abteilungen erleichtert.

Die Struktur und Gliederung des Sammelbandes ist sehr stringent. Die theoretischen Einführungen und Einbettungen sind anspruchsvoll und an einigen Stellen vorraussetzungsreich. Die anderen beiden Teile sind gerade durch ihre Struktur leicht nachvollziehbar und können praktische didaktische Anregungen bieten. Insgesamt bietet das Buch einen guten Einstieg in ein innovatives Konzept von Selbstlernarchitekturen und steht damit nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch im Kontext einer neuen Lernkultur.

Julia Franz

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Susanne Krasmann, Michael Volkmer (Hg.) (2007): Michel Foucaults "Geschichte der Gouvernementalität" in den Sozialwissenschaften - Internationale Beiträge, 314 Seiten, transcript Verlag, 28,80 €, ISBN: 978-3-89942-488-1

Dieser neu erschienene Sammelband lässt sich als internationaler und mehrdimensionaler Kommentar zu den 2004 veröffentlichten Vorlesungen von Michel Foucault „Geschichte der Gouvernementalität“ (Sicherheit, Territorium, Bevölkerung und die Geburt der Biopolitik) lesen.

Der Sammelband folgt einer logischen und stringenten Dreiteilung.
So bieten die Beiträge des ersten Teils einen Überblick über Foucaults Arbeiten aus der Perspektive der „Staatsfrage“. Die Autoren Thomas Lemke, Martin Saar und Mitchel Dean verfolgen die Vorlesungen Foucaults auf der Spur seines Staatsbegriffes. Alle drei Autoren machen in ihren jeweiligen Beiträgen deutlich, dass Foucault nicht – wie häufig vorgeworfen – den Staat vernachlässige, sondern, dass er vielmehr dezidiert die Prozeduren und Strukturen in den Blick nimmt, die den Staat erst konstruieren, in denen er sich kristallisiert.

Der zweite Teil des Sammelbandes stellt die Gouvernementalität zwischen Souveränität und Biopolitik in den Mittelpunkt. Alle Beiträge zielen darauf, deutlich zu machen, dass Foucault keinen linearen Dreischritt von der Souveränität über die Disziplin hin zur Gouvernementalität propagiert habe, sondern, dass dies drei Formen von Macht sind, die heuristisch gut zu unterscheiden sind, in der Empirie jedoch ineinander übergehen. Anne Caldwell setzt sich beispielsweise in diesem Teil mit der Frage auseinander, inwiefern nicht staatliche Akteure wie NGOs den „Human Rights Complex“ regieren. Susanne Krassmann und Sven Opitz bringen in ihrem Beitrag Foucaults Machtanalytik mit der Systemtheorie von Niklas Luhmann anhand der unterschiedlichen Gebräuche der Begriffe Inklusion und Exklusion zusammen, um so deutlich zu machen, das gesellschaftliche Exklusionen systemimmanente Bestandteile von modernen Gesellschaftsystemen sind.

Die Beiträge des dritten Teils stehen im Kontext von „Gouvernementalität und Neoliberalismus“. Jan-Otmar Hesse skizziert die aktuelle historische Forschung zum deutschen Ordoliberalismus und vergleicht diese mit Foucaults Perspektive. Mit einer kritischen Reflexion der Heterogenität der »governmentality studies« beginnen Sophia Prinz und Ulf Wuggening ihren Beitrag. Anschließend stellen sie vor dem Hintergrund der Bologna Reform heraus, dass hier mit neoliberalistischen Steuerungsvorstellungen eine zunehmende Bürokratisierung innerhalb der Universitäten einhergehe.

Der Sammelband eröffnet eine Reihe von anregenden Perspektiven zu Foucaults viel beachteter Vorlesungsreihe, vor allem, da hier zum einen unterschiedliche wissenschaftliche Disziplinen zu Wort kommen und zum anderen fließen darüber hinaus auch verschiedene internationale Blickrichtungen in den Sammelband ein. Dadurch bekommt das Buch einen sehr angenehme Perspektivenvielfalt.
Julia Franz

Ich kann wirklich nicht behaupten, als Nachwuchswissenschaftlerin zu wenig rum zu kommen. Wirklich nicht.

Und es ist schon sehr interessant wie viele verschiedene Erfahrungen man gerade auf internationalen Tagungen machen kann. Am Wochenende fand die Konferenz Developments Futures an der Universität von Irland in Galway statt. Dort hatte ich Gelegenheit, das Projekt Generationen lernen gemeinsam: Nachhaltigkeit, das ich wissenschaftlich begleite, vorzustellen.

Die Tagung stellte sowohl politische als auch pädagogische Herausforderungen der Development Education heraus und sorgte so für ein breites und variationsreiches Spannungsfeld.

Am meisten hat mich der letzte Redner, der indische Journalist Palagummi Sainath beeindruckt. Er hielt eine brilliante - wenn auch etwas polemische - Rede über die wachsende Ungleichheit in einer globalisierten Welt.

Ich schreib einfach mal wieder hier was rein. Schon erschreckend, die laange Zeit des nicht-bloggens. Wobei ich ja noch nie eine sehr regelmäßige Schreiberin diesbezüglich war. Aber nun ja, von außen implizierte und von mir aktiv gestaltete Selbsttechnologien erschweren das Schreiben im Blog, während das Schreiben von Artikeln dadurch vereinfacht zu sein scheint. Also gilt es die eigenen Selbstpraktiken auszutricken, ihnen ein Schnippchen zu schlagen und einfach zunächst mal wieder thematisch zu schreiben anfangen.

So entstand ja erst die Idee zu diesem Blog... Ziel war es, den Prozess des Schreibens meiner Diplomarbeit zum Thema Macht, Gouvernementalität und Erwachsenenbildung zu begleiten. Vielleicht gelingt über dieses Thema ein "Restart", so die Überlegung, die Theorie, mal sehn wie es sich in der Praxis zeigen wird.

Vor kurzem bin ich über die Veröffentlichung von Susanne Krasmann und Michael Volkmer (Hg.) "Michel Foucaults Geschichte der Gouvernementalität" gestoßen. Hier kommentieren verschiedene internationale Autor(inn)en die 2004 veröffentlichen Vorlesungen von Foucault. Ich bin gerade dabei es zu lesen und schon die ersten grundlegen Beiträge von Saar, Lemke und Dean beschäftigen sich dezidiert mit der immer wieder gestellten "Staatsfrage". Inwiefern Foucault in seinen Analysen den Staat, oder besser die Abstraktion "Staat" einbezieht machen die genannten Autoren anschaulich deutlich.
Ich bin gespannt wie dies in den anderen Beiträgen aus verschiedenen Perspektiven behandelt wird...

 

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