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Jenny Lüders (2007): Ambivalente Selbstpraktiken. Eine Foucault'sche Perspektive auf Bildungsprozesse in Weblogs, transcript Verlag, Bielefeld, EUR 28,80, ISBN-10: 3899425995, ISBN-13: 978-3899425994
Jenny Lüders setzt sich in ihrer Dissertation mit Bildungstheoretischen Überlegungen im Anschluss an Foucault auseinander und schließt daran mit einer qualitativer Analyse von Bildungsprozessen in Weblogs an.
Im ersten Teil ihrer Ausführungen beschreibt sie verschiedene Komponenten bzw. Dimensionen des derzeitigen Bildungsbegriffs. Sie beruft sich auf die aktuelle Diskussion darüber, ob „Bildung“ durch andere Begriffe ersetzt werden müsse und auf die Diskussion um die Diskrepanz von Bildungstheorie und Bildungsforschung. Sie benennt aus dieser Perspektive fünf Dimensionen: das Bildungssubjekt, Bildung und Gesellschaft, Bildung und Normativität, Prozesshaftigkeit von Bildung und das Verhältnis von Bildungstheorie und Forschung. Im Anschluss daran setzt sich Lüders mit den Arbeiten von Michel Foucault auseinander und beschreibt seine Forschung zum Subjekt, seine Gegenwartsanalysen, das Verständnis von Kritik, das besonders gut im Verhältnis von Normativität und Bildung wieder entdeckt werden kann, sowie Praktiken der „Entsubjektivierung“ also Praktiken, die es Subjekten ermöglichen „nicht dermaßen regiert zu werden“ (Foucault 1992). Dieser erste Teil der Arbeit, das Zusammendenken von Dimensionen des Bildungsbegriffs und Foucaults philosophisch gesellschaftlich-historischen Arbeiten erweist sich als durchaus fruchtbar, denn so kann eine neoliberale Umdeutung des Bildungsbegriffs oder des Autonomiebegriffs skizziert werden. Das Bildungssubjekt der Aufklärung ist immer in Stränge von Diskursen, Macht- und Wissensverhältnissen eingebunden damit nicht völlig frei und es bedarf daher Bildungskonzeptionen die diese Verstricktheit mitreflektieren und Möglichkeiten zum ‘anders denken’ bieten.
Im zweiten Teil der Arbeit widmet sich Lüders der empirischen Untersuchung von Bildungsprozessen. Dazu beschreibt sie zunächst ihren Untersuchungsgegenstand „Weblogs“ um anschließend ihre methodischen Überlegungen vorzustellen. In diesen verbindet Lüders die drei Achsen der Arbeit Foucaults (Diskursanalyse, Machtanalyse, Genealogie der Ethik) zu einem sehr inspirierenden und für weitere Forschungen durchaus fruchtbaren Untersuchungsraster. Sie untersucht in einem einzelnen Weblog hauptsächlich die Subjektpositionen der Autorin. Die Weblog-Autorin wird aus verschiedenen Diskurs- und Subjektpositionen analysiert. So zeige sie sich zum Beispiel als „Gestalterin“. Letztlich kommt Lüders zu dem Schluss, dass nur teilweise Bildungsprozesse bzw. Veränderungen, die auf Bildungsprozesse schließen lassen, im Weblog sichtbar werden.
Lüders methodisch-analytisches Vorgehen verbleibt jedoch auf einer diskursanalytischen Ebene. Die viel versprechende Verschränkung der drei Achsen wird leider methodisch nicht eingelöst. Die Autorin spricht zwar auch davon, das Vernetzungsstrukturen ein Indikator für Bildungsprozesse sein könnten, kann dies aber am ausgesuchten Weblog nicht zeigen. Lüders belegt ihre Interpretationen kaum, die zitierten Stellen des Weblogs wirken redundant und werden nicht durch Abbildungen angereichert. Insgesamt ist das Buch „Ambivalente Selbstpraktiken“ selbst ein wenig ambivalent, denn es beginnt mit wirklich fruchtbaren, interessanten und anregenden Überlegungen dazu, inwiefern mit Foucault der Bildungsbegriff transformiert werden kann. Vor allem die methodischen Überlegungen bieten verschiedene Anknüpfungspunkte für die weitere Forschung. Die Untersuchung selbst ist im Vergleich dazu eher enttäuschend. Nichtsdestotrotz bietet der Text im ersten Teil ein großes Potenzial und daher lohnt sich das Lesen auf jeden Fall.
Literatur:
Foucault, Michel (1992): Was ist Kritik? Merve Verlag.
Jenny Lüders (2007): Ambivalente Selbstpraktiken. Eine Foucault'sche Perspektive auf Bildungsprozesse in Weblogs, transcript Verlag, Bielefeld, EUR 28,80, ISBN-10: 3899425995, ISBN-13: 978-3899425994
Jenny Lüders setzt sich in ihrer Dissertation mit Bildungstheoretischen Überlegungen im Anschluss an Foucault auseinander und schließt daran mit einer qualitativer Analyse von Bildungsprozessen in Weblogs an.
Im ersten Teil ihrer Ausführungen beschreibt sie verschiedene Komponenten bzw. Dimensionen des derzeitigen Bildungsbegriffs. Sie beruft sich auf die aktuelle Diskussion darüber, ob „Bildung“ durch andere Begriffe ersetzt werden müsse und auf die Diskussion um die Diskrepanz von Bildungstheorie und Bildungsforschung. Sie benennt aus dieser Perspektive fünf Dimensionen: das Bildungssubjekt, Bildung und Gesellschaft, Bildung und Normativität, Prozesshaftigkeit von Bildung und das Verhältnis von Bildungstheorie und Forschung. Im Anschluss daran setzt sich Lüders mit den Arbeiten von Michel Foucault auseinander und beschreibt seine Forschung zum Subjekt, seine Gegenwartsanalysen, das Verständnis von Kritik, das besonders gut im Verhältnis von Normativität und Bildung wieder entdeckt werden kann, sowie Praktiken der „Entsubjektivierung“ also Praktiken, die es Subjekten ermöglichen „nicht dermaßen regiert zu werden“ (Foucault 1992). Dieser erste Teil der Arbeit, das Zusammendenken von Dimensionen des Bildungsbegriffs und Foucaults philosophisch gesellschaftlich-historischen Arbeiten erweist sich als durchaus fruchtbar, denn so kann eine neoliberale Umdeutung des Bildungsbegriffs oder des Autonomiebegriffs skizziert werden. Das Bildungssubjekt der Aufklärung ist immer in Stränge von Diskursen, Macht- und Wissensverhältnissen eingebunden damit nicht völlig frei und es bedarf daher Bildungskonzeptionen die diese Verstricktheit mitreflektieren und Möglichkeiten zum ‘anders denken’ bieten.
Im zweiten Teil der Arbeit widmet sich Lüders der empirischen Untersuchung von Bildungsprozessen. Dazu beschreibt sie zunächst ihren Untersuchungsgegenstand „Weblogs“ um anschließend ihre methodischen Überlegungen vorzustellen. In diesen verbindet Lüders die drei Achsen der Arbeit Foucaults (Diskursanalyse, Machtanalyse, Genealogie der Ethik) zu einem sehr inspirierenden und für weitere Forschungen durchaus fruchtbaren Untersuchungsraster. Sie untersucht in einem einzelnen Weblog hauptsächlich die Subjektpositionen der Autorin. Die Weblog-Autorin wird aus verschiedenen Diskurs- und Subjektpositionen analysiert. So zeige sie sich zum Beispiel als „Gestalterin“. Letztlich kommt Lüders zu dem Schluss, dass nur teilweise Bildungsprozesse bzw. Veränderungen, die auf Bildungsprozesse schließen lassen, im Weblog sichtbar werden.
Lüders methodisch-analytisches Vorgehen verbleibt jedoch auf einer diskursanalytischen Ebene. Die viel versprechende Verschränkung der drei Achsen wird leider methodisch nicht eingelöst. Die Autorin spricht zwar auch davon, das Vernetzungsstrukturen ein Indikator für Bildungsprozesse sein könnten, kann dies aber am ausgesuchten Weblog nicht zeigen. Lüders belegt ihre Interpretationen kaum, die zitierten Stellen des Weblogs wirken redundant und werden nicht durch Abbildungen angereichert. Insgesamt ist das Buch „Ambivalente Selbstpraktiken“ selbst ein wenig ambivalent, denn es beginnt mit wirklich fruchtbaren, interessanten und anregenden Überlegungen dazu, inwiefern mit Foucault der Bildungsbegriff transformiert werden kann. Vor allem die methodischen Überlegungen bieten verschiedene Anknüpfungspunkte für die weitere Forschung. Die Untersuchung selbst ist im Vergleich dazu eher enttäuschend. Nichtsdestotrotz bietet der Text im ersten Teil ein großes Potenzial und daher lohnt sich das Lesen auf jeden Fall.
Literatur:
Foucault, Michel (1992): Was ist Kritik? Merve Verlag.
Lia - am 15. Mai 2007, 14:16 - Rubrik: Perspektiven